„Ich sage nichts, ich mein‘ ja nur“

Von Heinz-Jürgen Hauzel

Beim politischen Frühschoppen der SPD-Stadtverordnetenfraktion stand der nicht ganz ernst gemeinte Rede-Spagat des Vorsitzenden Axel Imholz im Mittelpunkt. Er wolle keinen Wahlkampf führen und keinen Büttenvortrag abliefern, sagte Imholz am Anfang. Und am Ende hatten die Besucher im voll besetzten „Art Vinorum“ des Ratskellers eine gute Mischung aus beiden Genres gehört.
Während oben im Festsaal die Fidele Elf ihr Jubiläum mit Helau und Orden feierte, stellte Imholz in den Katakomben fest, dass man in der auslaufenden Legislaturperiode durchaus zu dem Eindruck kommen konnte, die Narren würden nicht nur während ihrer Kampagne, sondern 365 Tage im Jahr durchs Rathaus schwirren.
Er werde die EBS nicht erwähnen. Das gehöre in Wahlkampfreden, betonte Imholz noch einmal, um dann doch genüsslich die mehr und mehr umstrittenen Millionen-Zuschüsse aus öffentlichen Haushalten und die gescheiterte Akkreditierung der Möchtegern-Uni zu zelebrieren. „Ich sage nichts, ich mein‘ ja nur“, brachte Wiesbadens ehemaliger Kreisfußballwart Helmut Herrmann das Vortrags-Konzept des Sozialdemokraten lachend auf den Punkt.
Auch die Horst-Schmidt-Kliniken ließ der Fraktionsvorsitzende nicht unerwähnt. „Es spricht ja nichts dagegen, sich Sachverstand einzukaufen – wenn keiner vorhanden ist.“ Aber in vier Jahren habe man dort 14 Millionen für Gutachten ausgegeben, erinnerte Imholz an die Mathe-Künste seines parlamentarischen Geschäftsführers Sven Gerich, der ausgerechnet hatte, dass das 10 000 Euro pro Tag seien. „Dafür hätte man sechs Experten fest anstellen können“, ergänzte Christian Lahr, Chef der Südost-SPD.
Schließlich kam Imholz auf den Platz der deutschen Einheit zu sprechen. Völlig überrascht sei er gewesen, als ausgerechnet bei diesem Projekt Jamaika untergangen sei. „Ich hatte gedacht, es könne nichts mehr geben, das diese Titanic noch zum Sinken bringt, nachdem sie schon auf mehrere Eisberge gelaufen war.“
Die Zeit danach hat Imholz durchaus als positiv für Wiesbaden empfunden: „Dann hat man plötzlich gesehen, was in dieser Stadt alles möglich ist – ohne Jamaika.“ Eben auch die Realisierung der Umgestaltung des alten Boseplatzes mit verändertem Finanzierungskonzept. Gemeinsam mit der CDU habe die SPD hier „keine leichte Entscheidung getroffen, sondern die beste. Deswegen stehen wir auch dazu.“
Hans Groth, der im vergangenen Herbst als Leiter der Ortsverwaltung Biebrich ausgeschiedene Schiersteiner, sorgte dann für die diesmal parteiinterne kulturelle Frühschoppen-Komponente. „Nach dieser völlig unpolitischen Rede“ versprach der 60-Jährige, mit den Anekdoten aus seinem kleinen Büchlein „Arbeit muss Spaß machen“ nicht mehr zum angekündigten Hauptakteur des Mittags werden zu wollen. Ganz unpolitisch begann freilich auch er nicht. „Wenn heute einer mit 35, 40 sagt, er wolle am liebsten morgen in Ruhestand gehen, dann hört sich das vielleicht gut an – aber das ist traurig.“ Die im Raum stehende Frage, warum die Freude an der Arbeit geschwunden sei, ließ Groth nicht unbeantwortet: „Im Arbeitsleben hat sich in letzter Zeit viel verändert – und das nicht zum Guten.“ Das habe auch bei ihm zu „Lust-Verwirbelungen“ geführt.
Über Groths große und kleine Erlebnisse während seines Berufslebens durfte dann herzlich gelacht werden. Das Angebot nahmen die Gäste, zu denen neben der SPD-Bundestagsabgeordneten Heidemarie Wieczorek-Zeul und Alt-Oberbürgermeister Rudi Schmitt auch der einstige CDU-Stadtverordnete und heutige SEG-Geschäftsführer Andreas Guntrum zählte, dankend an. Mindestens so gern wie die oben bei der Fidelen Elf.

(Wiesbadener Tagblatt, 7.2.2011)