
Die Wirtschaft muss sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst werden und sich für eine Übernahmeregelung stark machen, die jungen Menschen durch unbefristete Arbeitsverträge eine langfristige Lebensplanung erlaubt, sowie an der Gesellschaft stärker teilhaben lässt, fordert Simon Rottloff, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) der SPD in Wiesbaden. Scharfe Kritik übt der AfA-Vorsitzende am Präsidenten des Bundesverbandes der mittelständischen Wirtschaft, Mario Ohoven. Herr Ohoven sollte sich lieber Gedanken machen, wie jungen Menschen eine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt geboten werden kann, statt sie als Faulenzer abzustempeln, so Rottloff. Ohoven hatte öffentlich gesagt, dass viele junge Erwachsene lieber staatliche Stütze kassieren als arbeiten zu gehen.
Rund 800 Betriebe bilden nach Angaben der IHK Wiesbaden derzeit in der Landeshauptstadt aus. Die Zahl ist in den vergangenen Jahren konstant geblieben. Bundesweit weit sieht das ganz anders aus: Die Zahl der Ausbildungsbetriebe ist nach Angaben des kürzlich veröffentlichten Berufsbildungsberichts von 2009 auf 2010 um 15.000 Betriebe gesunken. Hinzu kommt, dass viele junge Menschen nach der Ausbildung keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten in ihrem Ausbildungsbetrieb erhalten und daher bei der Agentur für Arbeit vorstellig werden müssen, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Viele junge Menschen bieten eine große Mobilität an und nehmen befristete Arbeitsverhältnisse in Kauf, um so den Anschluss an den Arbeitsmarkt zu halten. Grund zur Sorge bereitet Rottloff eher die Tatsache, dass diese befristete Beschäftigung meist geringer vergütet wird und keine längerfristige Lebensplanung und Sicherheit ermöglicht.
Das Interesse junger Menschen an Arbeit und Beschäftigung wird durch bundesweite Aktionen von organisierten jungen Auszubildenden und Arbeitnehmern, beispielsweise unter dem Titel Operation Übernahme, dokumentiert, erwidert Rottloff und lehnt daher eine Kürzung der staatlichen Leistungen gegenüber dieser Zielgruppe kategorisch ab.
In Zeiten des demografischen Wandels und des dadurch bedingten Fachkräftemangels sollte sich der Bundesverband mittelständischer Unternehmen lieber darüber Gedanken machen, wie für jeden Schulabgänger ein qualifizierter Ausbildungsplatz geschaffen werden kann kommentiert Rottloff. Betriebliche Ausbildung sei nicht nur eine gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen, sondern auch eine gesamtwirtschaftliche und nicht zuletzt auch eine betriebliche Voraussetzung für die Bereitstellung von qualifizierten Arbeitskräften.