
Haushaltsrede des Vorsitzenden der SPD-Rathausfraktion, Christoph Manjura, am 28.11.2013
Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
dieser Haushalt war ein hartes Stück Arbeit!
Daher will ich zunächst allen daran Beteiligten,
– den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kämmerei,
– dem Stadtkämmerer,
– den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unserer Stadtverwaltung,
– den Dezernentinnen und Dezernenten,
– den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fraktionsgeschäftsstellen,
Danke sagen.
Sie haben uns Ehrenamtliche bei aller berechtigten Kritik, beispielsweise an der Lesbarkeit des Haushalts bei der Ausübung unseres Budgetrechts, unserem wichtigsten Recht als Parlamentarier unterstützt. Erlauben Sie mir bitte, dass ich an dieser Stelle und ich hoffe, aber eigentlich bin ich mir da recht sicher, dass ich dies in Namen des ganzen Hauses tun kann einen unserer Parlamentarier kurz hervorzuheben.
Lieber Dieter Horschler,
ich weiß nicht Deine wievielten Haushaltsberatungen das jetzt waren. Ich weiß auch nicht, wie viele Beratungen Du als Vorsitzender des Finanzausschuss nun hinter Dich gebracht hast. Was ich aber weiß ist, dass Du mit all Deiner Erfahrung, Deiner ruhigen wie sachlichen Art und Deinem feinen Humor einen ganz entscheidenden Anteil daran hast, dass alle Beteiligten nach dem Beratungsmarathon im Raum 22 einigermaßen friedfertig auseinander gehen. Dafür ein herzliches Dankeschön!
Meine Damen und Herren,
dieser Haushalt war ein hartes Stück Arbeit, weil es galt, zwei ganz zentrale Herausforderungen zu meistern: Zum einen, mindestens eine schwarze Null zu erreichen, oder technisch gesprochen ein im Ergebnishaushalt mindestens ausgeglichenes Ergebnis vorzulegen und damit in Wiesbaden weiterhin ohne Kassenkredite auszukommen. Zum anderen, politische Schwerpunkte zu setzen, in die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt zu investieren, unser gutes Niveau an so genannten freiwilligen Leistungen zu erhalten und unser gutes soziale Netz – dort wo es nötig ist – enger zu knüpfen.
Und, meine Damen und Herren, die Koalition ist diesen beiden Herausforderungen gerecht geworden.
In Zeiten, in denen jede vierte hessische Kommune unter den Schutzschirm schlüpft nachdem die Landesregierung zuvor den Kommunalen Finanzausgleich geschröpft hat, in denen die Stadt Frankfurt allein 2014 mit einem Defizit von 50 Millionen Euro plant oder in denen wir einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem 1. Geburtstag garantieren müssen und wir als Kommune 77 Prozent der Kosten für die Kinderbetreuung tragen, in diesen Zeiten ist das Erreichen dieser schwarzen Null alles andere als selbstverständlich.
Und ich kann Ihnen versichern, dass die hinter uns liegenden Beratungen alles andere als eine Spaßveranstaltung waren. Weder für die Verwaltung, noch für die Politik!
Warum war das so? Der Doppelhaushalt 2012/2013 ist uns mit einem Defizit von 60 Millionen Euro pro Jahr und der Auflage genehmigt worden, für die Jahre 2014 und 2015 einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen. Die Stadtverordnetenversammlung hat die Rahmendaten für den Doppelhaushalt 2014/2015 beschlossen und dabei entgegen eines ursprünglichen Entwurfs die tatsächlichen Tarifsteigerungen der Beschäftigten berücksichtigt. Bereits im Frühjahr haben die Dezernate auf Basis der so genannten Ist-Werte 2012 ihre Haushaltsanmeldungen vorgenommen. Diese Anmeldungen überschritten die beschlossenen Rahmendaten um 20 bzw. 25 Millionen Euro, weshalb in einem ersten Schritt von allen Dezernaten ein Konsolidierungsbeitrag erbracht werden musste insgesamt in Höhe von 20 Millionen Euro in 2014 und 25 Millionen Euro in 2015. Ein zweiter, sicherlich schmerzhafter Konsolidierungsbeitrag wurde seitens des Kämmerers zwischenzeitlich aufgelöst.
De facto bedeute diese Konso-Runde für viele Ämter, dass zwischenzeitliche und maßgeblich von uns beschlossene Zusetzungen aus 2013 wieder gestrichen werden mussten. Ich erinnere beispielsweise an die Honorarerhöhungen bei der Volkshochschule oder die Mittel für die Spielplätze in unserer Stadt. Die Systematik der vorgenommenen Konsolidierung wie auch die in der Vergangenheit vorgenommene Bildung von Eckwerten auf Basis von Ist-Werten aus den Vorjahren hat jedoch einen entscheidenden Haken. Was ist mit gesetzlichen Pflichtleistungen, wie der Grundsicherung für Arbeitssuchende oder den Kosten der Unterkunft, deren tatsächliche Kostenhöhe sich das Amt für Soziale Arbeit nicht aussuchen, sondern nur und das gelingt in Wiesbaden ausgesprochen gut so gut es eben geht prognostizieren muss.
Was ist mit der Umsetzung des bereits erwähnten Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz für unter 3-Jährige?
Meine Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir haben mit unseren Beschlüssen dafür gesorgt, dass zwischen Januar 2011 und Oktober 2013 548 neue Krippenplätze ans Netz gegangen sind. Die damit verbundenen Etatsteigerungen müssen dann aber auch folgerichtig in den Rahmendaten enthalten sein!
Wir werden daher umgehend denn genau JETZT ist der richtige Zeitpunkt dafür eine Überprüfung der Eckwerte, die jetzt Rahmendaten heißen, vornehmen. Dabei werden wir uns damit zu beschäftigen haben, wie die Ausgabenentwicklung bei den gesetzlichen Pflichtaufgaben vernünftig und gerecht abgebildet werden kann. Und wir werden darauf zu achten haben, dass unsere politischen Prioritäten beispielhaft seien an dieser Stelle der Krippenausbau oder die Nachmittagsbetreuung an Grundschulen genannt idealerweise VOR und nicht NACH Verabschiedung der Rahmendaten im Haushalt wiederzufinden sind. Ich bin mir bewusst, dass dies Ärger geben wird. Schließlich bedeutet dies im Ergebnis, dass einem Dezernat, einem Amt was weggenommen werden könnte. Eins ist aber doch auch klar und das hat uns auch Badura gelehrt: Nur mit dem Blick auf den eigenen Kirchturm kommen wir auf Dauer nicht weiter!
Meine Damen und Herren,
lassen Sie mich auch noch etwas zum Land sagen. Denn es nützt uns auch nichts, wenn uns das Land Hessen zugesteht, dass wir in den weiteren Krippenausbau investieren dürfen und dafür Personal einstellen können, es uns gleichzeitig aber bei den Betriebskosten der Kindertagesstätten im Regen stehen lässt und uns dann noch auferlegt einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.
Wie soll das gehen, frage ich mich da?! Wie soll das gehen, wenn, ja wenn wir nicht an anderer Stelle Leistungen die uns alle lieb geworden sind, streichen oder aber gänzlich auf neue Projekte, die uns am Herzen liegen, verzichten wollen?
Dass es zumindest noch irgendwie geht, hat uns der Kämmerer mit dem vorgelegten Haushaltsentwurf gezeigt und das hat die Koalition im Rahmen dieser Haushaltsberatungen bewiesen.
Meine Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
Axel Imholz hat in seiner Haushaltsrede am 10. Oktober darauf hingewiesen, dass bezüglich der sehr hohen Gewerbesteuereinnahmen in 2013 noch ein Risiko für die Schlüsselzuweisungen des Landes für 2014 besteht. Dieses Risiko ist jetzt Wirklichkeit geworden wie wir konkret der Sitzungsvorlage zum Kommunalen Finanzausgleich 2014, die am Dienstag im Magistrat war – entnehmen konnten.
Die schlechte Nachricht: Wir erhalten eine gegenüber dem Planwert schlechtere Zuweisung in Höhe von 15 Millionen Euro. Damit verbunden ist eine um 3,2 Millionen Euro höhere Umlage an den Landeswohlfahrtsverband. Die gute Nachricht: Für das Jahr 2015 ist nur mit der Fortschreibung der erhöhten LWV-Umlage zu rechnen. Und, noch wichtiger, wir müssen mit den Haushaltsberatungen nicht nochmal von vorn beginnen. Das nämlich hätte uns bevor gestanden, wenn es Axel Imholz nicht gelungen wäre, das Land davon zu überzeugen diese Härte in Höhe von 17,5 Millionen Euro in 2014 aus der Rücklage zu bedienen. Für Deinen Einsatz an dieser Stelle, lieber Axel, Dir und der Kämmerei ein herzliches Dankeschön!
Meine Damen und Herren,
ich komme nun zur zweiten, eingangs genannten Herausforderung, das Setzen politischer Schwerpunkte und das Investieren in die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt. Auch dieser Herausforderung ist die Koalition aus CDU und SPD gerecht geworden!
Lassen Sie mich einige Beispiele nennen:
– Wir haben die Mittel für die Investitionen in Schulen von 30 auf 60 Millionen Euro verdoppelt.
– Uns ist es gelungen das laufende Krippenausbau-Programm 48/1 mit 722 Plätzen abzusichern, fortzusetzen und trotz schwieriger Rahmenbedingungen in das Folgeprogramm 48/2 einzusteigen und damit unserem Ziel, einem bedarfsgerechten Platzangebot, näherzukommen.
– Nach den ersten 4 Stellen im letzten Doppelhaushalt schaffen wir nun 4 weitere Stellen bei der Bezirkssozialarbeit und kommen damit einer lange Jahre zu Unrecht nicht erhörten Forderung der Wohlfahrtsverbände nach.
– Wir stellen 630.000 Komplementärmittel für das Projekt Soziale Stadt Plus im Schelmengraben ein. Und sollte dem Koalitionsvertrag auf Bundesebene gefolgt werden, wird sich spätestens dann herausstellen, dass der Programmstart im Schelmengraben mutig, aber richtig war. Denn: Es ist dort eine Erhöhung der Mittel für die Städteförderung in Höhe von 600 Millionen Euro auf eine Gesamtsumme von dann 700 Millionen Euro vorgesehen.
– Wir setzen das Klimaschutzprogramm des Umweltamtes mit Mitteln in Höhe von 200.000 jährlich fort. Das Programm ist bereits jetzt ein voller Erfolg für unser Klima und für unser Handwerk!
– Wir kommen mit der Entwicklung eines Verkehrsentwicklungsplans einem Wunsch vieler östlicher Vororte, aber auch der Innenstadt, der westlichen Stadtteile oder der Rheinschiene nach und steigern so auch die Akzeptanz unserer dringend benötigten Wohngebiete.
– Nach dem vorläufigen Aus der Stadtbahn stellen wir je 500.000 für Verbesserungen im ÖPNV bereit.
– Wir bauen das Haus der Vereine in Dotzheim und das Bürgerhaus in Medenbach.
– Wir stellen Planungsmittel für eine Sporthalle in Erbenheim ein, um nach langen Jahren des Wartens seitens der Hermann-Ehlers-Schule und des Stadtteils endlich den Zustand ausfallender Sportstunden und nicht stattfinden könnender Turnstunden zu beenden!
– Wie sorgen dafür, dass der Umzug der Stadtbibliothek Wirklichkeit werden kann und gründen die Stiftung Stadtmuseum!
Das alles, und ich denke Kollege Lorenz wird seitens der CDU noch einige Ergänzungen vornehmen, ist uns mit Augenmaß und so viel Ehrlichkeit muss sein einem Griff in die Kasse der Kraftwerke Mainz-Wiesbaden gelungen. Ohne diese zusätzliche Zuführung von jährlich 5 Millionen Euro, das muss uns allen bewusst sein, hätten wir beide Herausforderungen, einen zunächst ausgeglichenen, nach den neuesten eben beschriebenen Entwicklungen nun genehmigungsfähigen Haushalt, vorzulegen und in die Zukunft unserer Stadt zu investieren, nicht schultern können. Und es muss uns ebenfalls klar sein, dass dies nicht in jedem Jahr so laufen kann.
Meine Damen und Herren,
es gibt aus unserer Sicht jedoch auch einen Wermutstropfen. Wir haben uns im ersten Halbjahr diesen Jahres im Rahmen eines Fachbeirats intensiv mit dem Thema Herkunftsbedingte Bildungsbenachteiligung auseinandergesetzt und mit Fachverwaltung und freien Trägern der Jugendhilfe ein hervorragendes Handlungsprogramm mit dem Titel Alle Chancen für…! erstellt. Aufgrund der notwendig gewordenen Haushaltskonsolidierung ist es nun jedoch lediglich möglich gewesen die lange benötigten (weiteren) vier Stellen bei der Bezirkssozialarbeit einzustellen. Auf die Umsetzung weitere Programmbausteine mussten wir zumindest vorerst verzichten. Sollten sich jedoch durch die sich abzeichnende große Koalition im Bund die im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Entlastungen für die Kommunen bei der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen für Wiesbaden ergeben, so denke ich, dass wir diese Mehreinnahmen zum einen unseren Rücklagen zuführen, zum anderen aber in die Zukunftschancen vieler Kinder und Familien in Wiesbaden und damit in die Zukunft unserer Stadt investieren sollten!
Meine Damen und Herren,
dieser Haushalt war ein hartes Stück Arbeit, aber es hat sich gelohnt! Wir werden dem Haushalt im Dezember zustimmen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.