
Das Forum Europa der Wiesbadener SPD hat am Montagabend zur Diskussion über die Europäische Sozialunion Zukunft oder nur ein Traum mit dem Mitglied des Europäischen Parlaments und Europabeauftragten der SPD Udo Bullmann und dem Bundestagskandidaten Simon Rottloff geladen.
Die Veranstaltung fand im Startwerk A, dem neuen Zentrum für Gründer und Start-ups in Biebrich statt. Zu Beginn der Diskussion äußerte Rottloff seine Sorgen, die er als Politiker aber auch besonders als Vater einer kleinen Tochter, über die Zukunft der Europäischen Union habe. Begründet seien diese durch den Brexit, das Spannungsverhältnis zwischen den verbliebenen 27 Mitgliedstaaten, der Rechtsruck in einigen osteuropäischen Ländern, aber auch durch die wachsende Bedrohung von außen – einen unberechenbaren US-Präsidenten und den Drohungen Nordkoreas. Rottloff sagte, er sehe die Stabilität der Europäischen Union als das Fundament unseres Friedens und damit essenziell für eine gute Zukunft unserer Kinder. Er sei davon überzeugt, dass die Stabilität unseres Friedens in Zukunft nur durch ein sozial starkes Europa gesichert werden kann.
Udo Bullmann stimmte ihm zu. Er erinnerte an die Anfänge der Europäischen Union, daran, dass Europa nicht ein Projekt der Eliten sei. Die Europäische Union sei geschaffen worden, um eine stabile und sichere Wirtschaft zu schaffen und um eine Gemeinschaft zu schaffen, damit die Mitgliedsländer nicht mehr gegeneinander in den Krieg ziehen. Die Wirtschaftsunion Europa sei seitdem rasant gewachsen, doch nun müsse die politische Union Europa nachziehen. Es braucht ein starkes Regelwerk, eine starke Regierung, sonst droht die Entfesselung der Wirtschaft. Wir müssen mit der Sozialgesetzgebung schleunigst nachziehen, sagte Bullmann. Er hält die Angleichung der Lebensverhältnisse in den Mitgliedsländern für unabdingbar. Alle müssen mitspielen können, zu den gleichen Regeln, müssen mitarbeiten dürfen und auch mitverdienen können. Die Entwicklung der sozialen Gesetzgebung sei in der Vergangenheit in Europa massiv und fahrlässig vernachlässigt worden, sagte Bullmann. Deshalb hoffe er auf eine Mehrheit für die Sozialdemokraten bei der nächsten Europawahl. Wir müssen ein Paket für alle schnüren mit Energiesicherheit, gemeinsamer Terrorabwehr und einer Agenda mit sozialen Mindeststandards, so Bullmann.
Als Beispiel für soziale Gesetzgebung in Europa zog Bullmann den Arbeitsschutz heran. Das Kapitalinteresse macht schließlich vor den Ländergrenzen nicht halt. Um Arbeitnehmer zu schützen brauchen wir gleiche Mindeststandards im Arbeitsrecht., so Bullmann.
Der Gewerkschafter Rottloff, der schon als Bundesjugendvorsitzender der IG Bau den Austausch mit Gewerkschaftern anderer europäischer Länder kennengelernt hat, unterstrich die Wichtigkeit von einheitlichen Arbeitsschutzgesetzen für Europa. Die Arbeiter auf den Baustellen in unserem Land kommen aus Ländern wie Rumänien und Bulgarien, sie verdienen Hungerlöhne bezahlt und werden ausgebeutet. In Wiesbaden sind sogar einige in den Hungerstreik getreten, weil ihnen überhaupt nichts mehr gezahlt wurde. Sie verdienen eine vernünftig ausgestattete arbeitsrechtliche Situation und eine Vertretung durch eine Gewerkschaft.
Im Anschluss an die Ausführungen der beiden Politiker stellten die Gäste viele Fragen zum Thema Europa. Die Zusammenarbeit der Gewerkschaften über Ländergrenzen hinweg sowie mit den Europaabgeordneten war von Interesse, die Auswirkungen des Brexit, ein gemeinsames Streikrecht und viele weitere Themen wurden angesprochen. Es wurde noch lange lebhaft diskutiert.