Mindestausbildungsvergütung: Bundesbildungsministerin lässt sich zu viel Zeit bei der Umsetzung und legt unzureichenden Vorschlag vor

Mindestausbildungsvergütung: Bundesbildungsministerin lässt sich zu viel Zeit bei der Umsetzung und legt unzureichenden Vorschlag vor

 

Die Bundesbildungsministerin Anja Karliczek lässt sich zu viel Zeit mit der Umsetzung, der im Koalitionsvertrag verankerten gesetzlichen Mindestausbildungsvergütung.

Nachdem der Koalitionsvertrag bereits im März 2018 unterschrieben wurde, legt die Bundesbildungsministerin erst jetzt konkrete Zahlen zur Mindestausbildungsvergütung vor. Sie schlägt vor, dass Auszubildende im ersten Ausbildungsjahr 504 € pro Monat und in den Folgejahren 529 €, 554 € und 580 € an Mindestausbildungsvergütung erhalten sollen. Zusätzlich baut sie nun, trotz zu voriger Zeitvergeudung, Druck bezüglich der Umsetzung ihres Vorschlages auf. Die Novelle des Berufsbildungsgesetzes soll nach Vorstellung der Bundesbildungsministerin zum 01.08.2019 verabschiedet und zum 01.01.2020 in Kraft treten.

Mit den gemachten Vorschlägen werden die Ansprüche der Auszubildenden, für ihre Leistung eine angemessene Vergütung zu erhalten, nur unzureichend erfüllt. Schwerer wiegt jedoch, dass bei derzeit immer weiter steigenden Lebenserhaltungskosten Auszubildenden ein finanziell selbstständiges Leben mit dieser Mindestausbildungsvergütung nicht möglich ist. Nur Auszubildende die von ihren Eltern massiv finanziell unterstützt werden (können), können unter diesen Bedingungen ohne Probleme eine Ausbildung absolvieren. Die Vorschläge der Bundesbildungsministerin stellen im Übrigen auch lediglich die Übernahme der Vorschläge der Arbeitgeberverbände dar. Eigene Ideen sind anscheinend nicht vorhanden oder sollen nicht gegen den Willen der Arbeitgeberverbände durchgesetzt werden! Bei einer Mindestausbildungsvergütung in Höhe von 504 € monatlich müssten nur rund 11 Prozent aller Ausbildungsbetrieben ihren Auszubildenden mehr bezahlen. Bei 635 € pro Monat wären es schon mehr als jeder dritte Ausbildungsbetrieb. Betrachtet man lediglich Kleinstbetriebe, (Betriebe mit weniger als 25 Mitarbeiter) so wäre es bei einer Mindestausbildungsvergütung in Höhe von 635 € pro Monat schon fast jeder zweite Ausbildungsbetrieb

Im Gegensatz zu den Arbeitgeberverbänden vertritt der DGB die Auffassung, dass eine Mindestausbildungsvergütung in Höhe von 80 Prozent der jeweils durchschnittlichen tariflichen Ausbildungsvergütungen gesetzlich festgesetzt werden sollte. Auf der Basis der Zahlen aus dem Jahr 2017 wäre somit im ersten Ausbildungsjahr eine monatliche Mindestausbildungsvergütung in Höhe von 635 € und in den Folgejahren von 696 €, 768 € und 796 € festzusetzten.

Wir als Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen der Wiesbadener SPD gehen noch einen Schritt weiter. Wie der Bundesparteivorstand der SPD fordern wir eine Mindestausbildungsvergütung in Höhe von 660 € pro Monat im ersten Ausbildungsjahr. In den darauffolgenden Jahren soll die Ausbildungsvergütung stetig steigen und zwar über das bisher vorgeschlagene Maß.

Bei der Diskussion um die Mindestausbildungsvergütung darf im Übrigen nicht vergessen werden, dass die Auszubildenden von ihrer Ausbildungsvergütung ebenfalls die Fahrtkosten zur Berufsschule bezahlen müssen. Daher fordern wir außerdem, dass die Ausbildungsbetriebe künftig gesetzlich in die Pflicht genommen und verpflichtet werden, die Fahrtkosten zur Berufsschule zu 100 Prozent zu übernehmen!

Um die finanziellen Belastungen für Kleinstbetriebe abzufedern fordern wir, eine finanzielle Unterstützung dieser Betriebe durch die Agentur für Arbeit, sofern die Auszubildenden nach erfolgreicher Abschlussprüfung einen Anschlussarbeitsvertrag von mindestens 1 Jahr Dauer angeboten bekommen.

Aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen der SPD Wiesbaden muss die Bundesbildungsministerin endlich beginnen eine Politik für Jugendliche und Auszubildenden durchzusetzen und sollte sich nicht zur Erfüllungsgehilfin der Arbeitgeberverbände machen. Die vorgeschlagenen Mindestausbildungsvergütungen müssen definitiv erhöht werden. Nur so kann dem schon bestehenden und sich weiter verschärfenden Fachkräftemangel vorgebeugt werden indem die Attraktivität der dualen Ausbildung gesteigert und die Arbeitsbedingungen der jungen Leute verbessert werden.