Wiesbaden ist… kritisch im Umgang mit städtischen Beteiligungen
Kontrolle städtischer Beteiligungen
Mit dem Beteiligungsausschuss hat die Stadt seit 2013 ein Gremium geschaffen, um die Angelegenheiten der städtischen Beteiligungen, einschließlich der Wirtschaftspläne, im Rahmen der Stadtverordnetenversammlung und damit über den Aufsichtsrat hinaus zu diskutieren und zu kontrollieren.
Viele Anstrengungen haben wir in den letzten Jahren darauf verwandt, einheitliche Strukturen vorzugeben. Daraus ist das Regelwerk „Grundsätze guter Unternehmensführung der Landeshauptstadt Wiesbaden“ entstanden; der sogenannte Beteiligungskodex.
Der jährliche Beteiligungsbericht fasst die zentralen Informationen zu allen städtischen Beteiligungen und Unternehmen übersichtlich zusammen und sorgt für Transparenz.
Damit zudem nicht nur Mustersatzungen und Musteranstellungsverträge sowie einheitliche Größen der Aufsichtsräte festgelegt sind, gilt es, den Beteiligungskodex weiter mit Leben zu füllen. Wir brauchen einen Kodex, der sich auf neue Situationen anpasst und sich stetig fortentwickelt. So ist in Zukunft zu berücksichtigen, dass bei Entscheidungen der Gesellschaften von besonderer Bedeutung die Stadtverordnetenversammlung bzw. der Beteiligungsausschuss zwingend einzubinden ist.
In der Vergangenheit hatten einige Stadtverordnete eine Vielzahl an Aufsichtsratsmandaten inne. Dies führt zum Aufbau von Herrschaftswissen, verringert Teilhabemöglichkeiten anderer Stadtverordneter und verengt letztlich den politischen Diskurs. Daher wollen wir die Zahl der Aufsichtsratsmandate pro Person deckeln – auch weil der damit verbundene Aufwand bei vielen Mandaten kaum zu leisten ist.
Konkret wollen wir:
den Beteiligungskodex fortführen und weiterentwickeln
Aufsichtsratsmandate pro Stadtverordneten begrenzen – dabei müssen aber die Beteiligungsrechte kleinerer Fraktionen beachtet werden.
Weniger ist mehr: Zahl und Struktur der städtischen Gesellschaften
Wir verfolgen weiterhin das Ziel, die Notwendigkeit und Organisationsstruktur der städtischen Beteiligungen bzw. einzelner Gesellschaften zu überprüfen. Dabei gilt es, steuerliche Auswirkungen und organisatorische Fragen zu beachten. Unsere Forderung bleibt: Wir wollen insgesamt weniger städtische Unternehmen und weniger Untergliederungen (sog. Tochter- bzw. Enkel-Ebene zur Muttergesellschaft).
Konkret wollen wir:
- keine Voll- oder Teilprivatisierung städtischer oder stadtnaher Unternehmen
- die Zahl und der Gliederungstiefe städtischer Unternehmen reduzieren.
Im Bereich der Immobiliengesellschaften der Stadt (Stadtentwicklungsgesellschaft SEG, WiBau GmbH, GWI GmbH und dem WIM Liegenschaftsfonds) sehen wir Handlungsbedarf. Hier könnten aus vier Gesellschaften ein bis zwei Unternehmen werden und außerdem die Zwischenebene der GWI wegfallen. Aus unserer Sicht ist dies sinnvoll, weil die Geschäftsführungen bereits heute weitgehend personenidentisch sind und weil die Unternehmen untereinander teilweise auf Personal- und Dienstleistungen zurückgreifen (und dafür aufwendige Rechnungen schreiben).
Für mehr Transparenz bei Gehaltsstrukturen und Vertragsgestaltung
Die Höhe der Bezüge der Geschäftsführungen und deren Nebentätigkeiten sorgt immer wieder für öffentliche Kritik. Wir stehen für mehr Kontrolle und Transparenz. In den Aufsichtsräten sollen bei der Bestellung bzw. Verlängerung von Geschäftsführungen Angemessenheitsprüfung der Bezüge vorgelegt werden. Dies kann auf Grundlage spezieller Gehaltsmonitorings bei Geschäftsführungen kommunaler Betriebe vorgenommen werden.
Die Vertragsdauer von zunächst drei Jahren bei der ersten Bestellung von Geschäftsführungen und danach ein Turnus von fünf Jahren hat sich bewährt. Eine vorzeitige Verlängerung sollte grundsätzlich vermieden werden. Die Bestellung von mehr als einer Geschäftsführer:innen muss in besonderem Maße begründet werden. Gehälter für Geschäftsführer:Innenposten müssen nach Verhältnismäßigkeit und Sparsamkeit bemessen werden.
Konkret wollen wir:
- mehr Transparenz bei Gehältern der Geschäftsführung, inkl. eines Gehaltmonitorings bei Bestellung/Verlängerung, in der Branche, Betriebsgröße und Zahl der Mitarbeiterinnen mit einfließen. Weichen die Bezüge um mehr als 25 Prozent ab, muss dies durch den Aufsichtsrat erörtert werden. Damit wollen wir klarere Regeln für das Gehaltsgefüge von städtischen Geschäftsführungen schaffen
- die Gestattung privater Nebentätigkeiten von Geschäftsführungen zurückführen. Neue Verträge und Vertragsverlängerungen sollen keine privaten Nebentätigkeiten mehr zulassen
- Stärkung der Tarifgemeinschaft
Die Stärkung der Tarifgemeinschaften ist uns ein wichtiges Anliegen. Daher müssen alle städtischen Gesellschaften, an denen die Stadt die Mehrheit der Anteile hält, Mitglied in einem Arbeitgeberverband werden, damit die entsprechenden Tarifverträge zum Tragen kommen. Dies ist bereits bei den allermeisten Gesellschaften der Fall. Zuletzt ist es uns gelungen, die WJW in einen Überleitungstarifvertrag hin zum TVöD zu bringen. Ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der Tarifgemeinschaft.
Konkret wollen wir:
- die Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband und damit Teil der Tarifgemeinschaft für alle städtischen Mehrheitsbeteiligungen
- die Tariftreue bei Vergaben an private Unternehmen sowie einen kritischen Blick auf (globale) Lieferketten und die Einhaltung von arbeitsrechtlichen und ökologischen Standards einfordern